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Die neun Hauptphasen der gesundheitlichen Konstitution der Unternehmung


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Erstellt: 14.12.2009 • Stand: 14.12.2009 • Autor: Dirk Schröder

Die neun Hauptphasen der gesundheitlichen
Konstitution einer Unternehmung


In der NZZ vom 14.12.2009 erschien als Folge 2/4 in der Serie ZUKUNFT der Beitrag "Der Drachentöter". Der Beitrag handelt von Didier Sornette (52), Professor für unternehmerische Risiken an der ETH Zürich. Gegenwärtig ist er
"ein gefragter Mann. 2004 sagte er, die Immobilienblase in den USA werde ihren Höhepunkt Mitte 2006 erreichen. Und Ende 2007 prognostizierte er das Ende der chinesischen Börsenblase auf Mitte 2009. Er hatte recht."

Der in Paris geborene Sornette hat Physik studiert. Statt an seinem "Lehrstuhl für Entrepreneur Risk" seine Aufgabe nachzugehen, beschäftigt er sich lieber mit einer für ihn fremden Disziplin, die gegenwärtig mehr Popularität verspricht: Die gegenwärtige Finanzkrise und "das Finanzblasen-Experiment". Der ETH-Professor hält die Krisentheorie von Nassim Nicholas Taleb ("Der schwarze Schwan", 2007) "für falsch. 'Sie entbindet uns von der Verantwortung.' Laut Taleb lassen sich Ereignisse wie die Finanzkrise nicht vorhersagen. Sie seien eine Überraschung, jenseits des Bereichs des Denkbaren." Also schuf Sornette eine eigene Theorie: "Diese lehrt: 'Grosse Zerrüttungen kündigen sich nicht mit grossen Störungen an.' Die Ursachen von Crashs sind subtil. 'Aber die Dinge haben einen Zusammenhang. Nichts ist linear.' Erst im selbstorganisierten Prozess namens Markt eskalierten die Dinge. Es sei ein Kampf gegen Windmühlen: gegen das eindimensionale Denken und gegen die Verantwortungslosigkeit." Sornette lehnt aber "das heutige System ... nicht ab. Im Gegenteil. 'Ich will es stärken.' Denn ein Zusammenbruch der Weltwirtschaft wäre fatal."

MEIN KOMMENTAR. Wenn es nach diesem Schaumschläger geht, ist "ein Zusammenbruch der Weltwirtschaft" wohl kaum noch aufzuhalten: Wer auf dem "selbstorganisierten Prozess namens Markt" eine Theorie begründet, stellt sich in eine Reihe mit jenen Nationalökonomen, die auf einem Auge blind sind und nicht erkennen, dass es die Kreditwirtschaft ist, die die Volkswirtschaften "reguliert", um es vorsichtig auszudrücken.

Doch ETH-Professor Didier Sornette ist kein Nationalökonom, nicht einmal Betriebswirtschafter, sondern Physiker. Dass sich die Physiker überall einmischen und dominieren, in der Politik (Merkel), in der Lehre vom Leben (Physiologie) und in der Erklärung kosmischer Zusammenhänge (Astrophysik), ist hinreichend bekannt. Sornette, der Physiker, käme vermutlich auf den richtigen Erkenntnisweg, wenn er in seiner ETH-Disziplin ein allgemein gültiges Grundschemna für unternehmerische Risiken entwickeln und dieses dann versuchsweise in Analogie auf den Makrokosmos der nationalökonomischen Prozesse übertragen würde.

Ein solches Grundschema  muss Sornette aber nicht erst neu entwickeln, denn es ist seit 23 Jahren öffentlich bekannt. Ich habe seinerzeit an Seminaren der Hochschule von St. Gallen, die von Marketing-Professor Dr. Heinz Weinhold organisiert wurden, 16 Jahre lang ganztägige Referate zum betriebswirtschaftlichen Thema "Unternehmenssicherung" gehalten, dies stets mit grossem Erfolg bei den jeweils gegen 80 bis 100 Teilnehmern. Ich wurde damals - zusammen mit vielen anderen Autoren - gebeten, einen Beitrag für die zweibändige Gedenkschrift "Realisierung des Marketing" zum 60. Geburtstag von Prof. Dr.  Weinhold zu verfassen. Thema: "Fundamentale Standort- und Zielbestimmung für die Unternehmung" (Christian Belz, Hrsg., St. Gallen 1986, Band I, iSeite 151-190). Darin veröffentlichte ich ein Grundschema, das ich durch jahrelange Beobachtungen und Erfahrungen in der Praxis eines Grosskonzerns sowie durch die Auswertung von Zeitungsberichten über andere Grosskonzerne (AEG, Wienerwald) entwickelt hatte und das hier in vereinfachter Weise dargestellt wird:

 

Die neun Hauptphasen der gesundheitlichen
Konstitution einer Unternehmung

 
Selbst-Finanzierung
aus laufendem
Einkommen
 1
 

 
 
2

Gesundes
Wachstum

 


Gesundes
Gleichgewicht

 
Stratetischer
Zielbereich
Restruktuierung
 


Expansion
 



Verschleierungs-
massnahmen
 3

 


 4
 


 5

Sicherungs-
phase

 


Risiko-
phase

 


Kritische
Phase
Unterneh-
merische
Risiken
und Wagnisse
Chaos
 6
 


 7

Dubiose
Phase

 


"Krisen-
management"
Existenz-
gefährdende
Strukturkrise
Fremd-
bestimmung
 8
 


 9

Fremd-
sanierung

 


Insolvenz-
verfahren
Verlust der
unternehmerischen
Handlungsfreiheit

 

 

Die Hauptphasen 1 bis 3 umfassen den unternehmerischen Kreislaufprozess von Expansion (1)  und Anpassung (3), die Hauptphasen 4 bis 9 dagegen den linearen Insolvenz(verschleppungs)prozess. Die wichtigste Phase ist die "Sicherungsphase" (3), in der immer rechtzeitig die erforderlichen Anpassungen vorgenommen werden statt der üblichen "Flucht nach vorne".

Die Hauptphase 1 bis 5 basieren auf einer positiven Geldsubstanz, die nachfolgenden Hauptphasen auf einer negativen Geldsubstanz. Der "Gelderfolg" der Unternehmung (aus der üblichen Bilanzrechnung nicht zu ersehen) ist nur in der Hauptphase 1 positiv, in der Phase 2 gegen Null, in allen nachfolgenden Hauptphasen dagegen negativ. In den Phasen 3 bis 4 wird das Geldvermögen abgebaut, in den Phasen 5 bis 8 wird die Zahlungsfähigkeit durch Kreditfinanzierung aufrecht erhalten.

Zwischen den 9 Hauptphasen befinden sich folgende 8 "Schwellen":
>> Zwischen Phase 1 und 2 = "Wachstumsschwelle"
>> Zwischen Phase 2 und 3 = "Anpassungsschwelle"
>> Zwischen Phase 3 und 4 = "Risikoschwelle"
>> Zwischen Phase 4 und 5 = "Solvenzschwelle"
>> Zwischen Phase 5 und 6 = "KRISENSCHWELLE"
>> Zwischen Phase 6 und 7 = "Stunde der Wahrheit"
>> Zwischen Phase 7 und 8 = "CRASH"
>> Zwischen Phase 8 und 9 = "Insolvenzerklärung"

Sie können die Originaltabelle per E-mail kostenlos bestellen: dirk.schroeder@tikkun.ch.

Da der Konkurs einer Unternehmung immer auf einer finanztechnischen Grundlage beruht, ist es empfehlenswert, die Beurteilung der Gesundheit einer Unternehmung nach ihrer finanziellen Lage auszurichten und nicht nach Budgets, Investitionsplänen und Produkterwartungen. Nur so kann die Unternehmung der unbekannten Gefahr entkommen, die beispielsweise in der Schweiz in Art. 725 OR verborgen ist mit folgendem Wortlaut:

"Zeigt die letzte Jahresbilanz, dass die Hälfte des Grundkapitals nicht mehr gedeckt ist, so muss die Verwaltung unverzüglich eine Generalversammlung einberufen und diese von der Sachlage unterrichten. // Wenn begründete Besorgnis einer Überschuldung besteht, so ist auf Grund der Veräusserungswerte eine Zwischenbilanz zu erstellen. // Sobald die Forderungen der Gesellschafts-Gläubiger nicht mehr durch die Aktiven gedeckt sind, hatdie Verwaltung den Richter zu benachrichtigen."

Der "Pferdefuss" sind hier (A) die "begründete Besorgnis" und (B) die "Zwischenbilanz zu Veräusserungswerten". Denn (A) ist vor allem von den Kreditinstituten zu erwarten, nachdem diese im Vorfeld ihre eigenen Forderungen so gut wie möglich abgesichert haben (Stichwort: Stillhalte-Abkommen) und mit "Veräusserungswerten" sind die "Zerschlagungswerte" bei der Neubewertung der Aktiven gemeint, die ein von der Bank beauftragter Experte bewertet. Auf diese Weise ergibt sich aus einer scheinbar "gesunden" Unternehmung durch den Zusammenbruch der Aktiv-Werte (Immobilien, Büroeinrichtung, Fuhrpark, Warenlager, Debitoren) quasi "über Nacht" ein hoch überschuldetes Unternehmen, dem dann Mismanagement, undurchsichtbare Strukturen, falsche Produktepolitik und so weiter vorgeworfen werden.

Nun gilt es, das Schema in Analogie auf die Volkswirtschaft zu übertragen. Kleine Schützenhilfe:
>>  Was ist das "Eigenkapital" einer Volkswirtschaft? Richtig: Das "Volk".
>>  Wann ist eine Volkswirtschaft überschuldet und damit konkursreif? Wenn die Schulden von Staat, Unternehmen und Privat-Haushalten so hoch sind, dass sie das Volk über Steuer- und Preiserhöhungen in absehbarer Zeit nicht mehr abarbeiten kann.
>>  Gibt es den "Staatsbankrott"? Nein, hinter diesem Wort verbirgt sich die "Währungsreform", deren einziger wirklicher Nutzniesser der hoch überschuldete Staat ist - dies zum Leidwesen aller privaten Ersparnisse, Renten und Lebensversicherungen.

 

 

 


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